„Ich sehe nur die Vielfalt“

Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Jakarta wurde 2019 eine 120 Quadratmeter große Wand im Zentrum der indonesischen Hauptstadt von den Street Art-Künstlern Darbotz (Jakarta) und SNYDER (Berlin) gestaltet. In einer Kooperation der Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters von Berlin und der Standortgemeinschaft Europacity wird dieses Projekt nun an der Heidestraße mit Einzelwerken der beiden Künstler fortgesetzt und unterstreicht damit zugleich die Bedeutung der neuen Europacity als Ort internationaler Begegnungen. In einem gemeinsamen Interview erzählen Darbotz und SNYDER, was ihre Kunst ausmacht.

Wie alt seid ihr und wo seid ihr aufgewachsen?
Darbotz:
Ich bin 40 Jahre alt und aufgewachsen in Jakarta, Indonesien
Snyder: Ich bin in Berlin aufgewachsen und ebenfalls 40 Jahre alt.


Wie lange seid ihr schon künstlerisch tätig?
Darbotz:
Noch nicht allzu lange, seit etwa 20 Jahren erst.
Snyder: Ich mache schon mein ganzes Leben lang Kunst. Aber als selbstständiger Künstler arbeite ich erst seit rund drei Jahren.


Kanntet ihr beiden euch schon vor der Kooperation im Rahmen der Städtepartnerschaft Berlin-Jakarta?
Snyder:
Nein, ich habe Darbotz erst 2019 in Jakarta kennengelernt und dort im Rahmen dieses Projekts eine große Wand in der Innenstadt mit ihm gestaltet. Seitdem tauschen wir uns aber immer mal wieder künstlerisch aus. Zuletzt haben wir zum Beispiel einen gemeinsamen Siebdruck gestaltet. Nun freuen wir uns darauf, unsere Zusammenarbeit hier in Berlin weiterführen zu können.


Was bedeuten eure Künstlernamen? Und warum habt ihr ein Pseudonym?
Darbotz:
Ich denke, jeder Streetartist braucht ein Pseudonym. Meiner ist ein Spitzname, den mir mein Freund in der Mittelstufe gegeben hat.
Snyder: Ich habe mir dieses Graffiti-Pseudonym schon in den Neunzigerjahren gegeben, und es hat sich für mich nie die Frage gestellt, einen anderen Namen zu benutzen.


Welche Materialien und Techniken verwendet ihr?
Snyder:
Seit ich 13 Jahre alt bin, benutze ich Sprühdosen. Graffiti war ein wichtiger Teil meiner Jugend und hat mich auch in meiner künstlerischen Entwicklung geprägt. Bei großformatigen Bildern arbeite ich bis heute so. Nur bei kleinen Studioarbeiten tausche ich die Sprühdose schon mal gegen den Pinsel.
Darbotz: Meine Graffitis entstehen ebenfalls meistens mit Sprühfarbe.

©Christian Kruppa

Darbotz, deine Kunstwerke sind hauptsächlich in schwarz-weiß gehalten. Hat das einen bestimmten Grund? Und was hat es mit dem Tintenfischmonster auf sich?
Darbotz:
Es gibt schon so viele bunte Farben in den Straßen. Davon will ich mich abheben. Mit Schwarz und Weiß lassen sich alle anderen neutralisieren. Das Tintenfischmonster bin eigentlich ich, mein Alter Ego. Ich thematisiere wie ich zu diesem Monster werde, in diesem großstädtischen Leben mit all seinen Problemen.


Snyder, wie ist es bei dir? Hast du ein Markenzeichen?
Snyder: Sicherlich mein spezieller Verfremdungsstil und die Farbkombination aus Blautönen und Braun/Orange mit Schwarz und Weiß.


Was ist die Idee für die Kunstwerke in der Europacity?
Darbotz:
Wenn wir über Jakarta und Berlin sprechen, sehe ich nur die Vielfalt. Ich denke, es ist diese Vielfalt, die jede große Stadt der Welt prägt. Also habe ich ein Totem entworfen, das viele Gesichter und Muster enthält, die verschiedenen menschliche Charaktere repräsentieren, sich aber eigentlich zu einem großen Monster fügen. Denn sie sind eins.
Snyder: Unsere beiden Kunstwerke nehmen Bezug auf die Stadt und das Leben das sie ausmacht. Mein Bild ist eine Postkarte aus der Zeit, in der der EasyJetset neue Wahrzeichen auf seinen Wochenendtrips entdeckt hat. Bis die Pandemie dem ein Ende setzte und sich das kulturelle Leben nun auf allen Ebenen neu sortieren muss.


Woher nehmt ihr eure Inspiration? Gibt es andere Künstler, die eure Ideen anregen?
Snyder:
Ich nehme sie aus dem Tierreich und daraus, wieviel Neues wir immer noch von unseren Mitbewohnern auf diesem Planeten lernen können.
Darbotz: Mein tägliches Leben in der Großstadt inspiriert mich bei meiner Arbeit, in all seinen Elementen. Die Menschen ebenso wie die Objekte. Ich liebe das Künstlerduo Os Gêmeos aus Brasilien. Auch weil sie es geschafft haben, Graffitikunst nicht nur auf der Straße zu machen, sondern sie in Galerien, Werbung und Museen zu bringen.


Haben eure Kunstwerke eine Message?
Snyder: Ich freue mich, wenn ich mit den Graffitis ein bisschen den Blick für die außergewöhnlichen Fähigkeiten der Tierwelt schärfen kann, um zu zeigen, dass es viel mehr gibt als das, was wir bisher kennen.
Darbotz: Meine Kunstwerke haben keine besondere Botschaft. Sie spiegeln nur meinen täglichen Kampf mit mir selbst wider - und ich weiß, dass es nicht nur mir so geht.


Darbotz, kannst du deine Kunst in drei Worten beschreiben?
Darbotz:
Ein wunderschönes Durcheinander.


Was bedeutet es für dich, sie nun in der deutschen Hauptstadt präsentieren zu können?
Darbotz: Es fühlt sich großartig an, denn ich war noch nie in Deutschland. Es ist meine Mission, mehr Kunstwerke außerhalb Indonesiens zu erschaffen. Aber aufgrund der Pandemien ist zuletzt leider alles so schwierig geworden. Meine Motivation ist es, die indonesische Straßenkunst in der ganzen Welt bekannt zu machen.

Immerhin, Berlin hast du mit deiner Kunst jetzt erreicht. Vielen Dank euch beiden für das Interview.

©Christian Kruppa

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